Skip to main content

Staphylococcus argenteus: Mitglied des S. aureus-Komplexes mit ähnlichem pathogenen Potenzial?

Staphylokokken sind fakultativ pathogene Erreger und Teil der physiologischen Flora des Menschen: Sie besiedeln die Haut und die Schleimhäute. S. aureus gilt als der virulenteste Vertreter der Staphylokokken und kann ein breites Spektrum an Krankheiten auslösen.

AIDA BAJRAKTAREVIC

Zu diesen Erkrankungen gehören pyogene Infektionen wie Furunkel und Karbunkel, Abszesse, Empyeme, Wundinfektionen, Phlegmone, Impetigo contagiosa, Mastitis puerperalis und Fremdkörper-assoziierte Infektionen, invasive Infektionen wie Endokarditis, Blutstrominfektionen, Osteomyelitiden, Pneumonien und Meningitiden und Toxin-vermittelte Erkrankungen wie Lebensmittelvergiftungen, das Staphylococcal Toxic Shock Syndrome und das Staphylococcal Scalded Skin Syndrome.

S. aureus bildet zusammen mit S. schweitzeri und S. argenteus den S. aureus-Komplex. Insbesondere S. argenteus wird seit Verwendung der MALDI-TOF Massenspektrometrie für die Erregeridentifizierung häufiger als zuvor aus klinischem Material nachgewiesen, sodass hier ein kurzer Überblick zu dieser Spezies folgt.

S. argenteus wurde 2006 erstmalig aus dem Blut einer 55-jährigen Frau aus Darwin, Australien, isoliert und damals noch als S. aureus identifiziert. 2015 erfolgte schließlich aufgrund genetischer Analysen eine Abtrennung der Spezies S. argenteus innerhalb des Genus Staphylococcus. S. argenteus und S. aureus zeigen dennoch viele Gemeinsamkeiten: beide sind Koagulase-positiv und beta-hämolysierend. Sie weisen sogar dieselbe 16S rRNA-Sequenz auf. Ein makroskopisch erkennbarer Unterschied ist die Morphologie der Kolonien: während S. aureus gelbe Kolonien (aureus, lat. für ‚golden‘) bildet, sind die Kolonien von S. argenteus weißgrau (argenteus, lat. für ‚silbern‘). Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal sind die verschiedenen Spektralmuster der beiden Bakterienspezies, die mittels Massenspektrometrie ermittelt werden.

Da S. argenteus erst seit wenigen Jahren sicher in der Routinediagnostik identifiziert werden kann, war es zunächst schwierig, die Virulenz dieser Spezies einzuordnen. Es wurde lange davon ausgegangen, dass S. argenteus ein deutlich geringeres pathogenes Potenzial aufweist als S. aureus. Eine zunehmende Anzahl von Kasuistiken weltweit zeigt für das Bakterium allerdings ein ähnliches Krankheitsspektrum wie das von S. aureus: ambulant erworbene Knochen- und Gelenkinfektionen, Endokarditiden, Blutstrominfektionen, Wundinfektionen, Fremdkörperinfektionen und pyogene Infektionen. In einer prospektiven, multizentrischen Studie in Thailand bestanden 28 Tage nach einer Sepsis mit S. aureus bzw. mit S. argenteus sogar keine Unterschiede hinsichtlich der Letalität.

Des Weiteren kann S. argenteus auch typische S. aureus-Virulenzfaktoren exprimieren. Hier sind insbesondere das Panton-Valentine-Leukozidin (Bildung von Poren in Leukozyten und somit Immunevasion), das Toxic Shock Syndrome Toxin-1 und die Exotoxine (verantwortlich für Lebensmittelvergiftungen) zu nennen.

Da S. argenteus und S. aureus sich sehr ähnlich sind, stellt sich auch die Frage, welche Konsequenzen aus einer Methicillinresistenz bei S. argenteus erwachsen. So wie andere Staphylokokken-Spezies kann auch S. argenteus das mecA-Gen besitzen mit der Folge der Expression eines veränderten Penicillin-bindenden Proteins 2 (PBP2) und dadurch einer Resistenz gegen sämtliche Beta-Lactam-Antibiotika. Ob sich Methicillin-resistente S. argenteus ebenso wie Methicillin-resistente S. aureus (MRSA) verbreiten können, ist bislang nicht ausreichend durch Studien belegt. Da die beiden Spezies ähnliche Krankheitsbilder mit vergleichbarer Morbidität verursachen können, wird jedoch aktuell von Mitgliedern der Europäischen Gesellschaft für klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten empfohlen, Hygienemaßnahmen analog zu denen bei einem MRSA-Nachweis zu ergreifen.

Zusammenfassend handelt es sich bei S. argenteus um eine neu definierte Spezies innerhalb des S. aureus-Komplexes. Es verdichten sich zunehmend Hinweise darauf, dass S. argenteus ein ähnliches pathogenes Potenzial wie S. aureus besitzt. Ein Nachweis von S. argenteus aus Infektionsprozessen sollte daher wie ein Nachweis von S. aureus interpretiert werden und die entsprechenden therapeutischen Konsequenzen nach sich ziehen.

---

Literatur

1. RKI-Ratgeber: Staphylokokken-Erkrankungen, insbesondere Infektionen durch MRSA (https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Staphylokokken_MRSA.html)

2. Tong, SYC et al. Novel staphylococcal species that form part of a Staphylococcus aureus-related complex: the non-pigmented Staphylococcus argenteus sp. nov. and the non-human primate-associated Staphylococcus schweitzeri sp. nov. International journal of systematic and evolutionary microbiology vol. 65,Pt 1 (2015): 15-22. doi:10.1099/ijs.0.062752-0

3. Becker, K et al. Implications of identifying the recently defined members of the Staphylococcus aureus complex S. argenteus and S. schweitzeri: a position paper of members of the ESCMID Study Group for Staphylococci and Staphylococcal Diseases (ESGS). Clinical microbiology and infection: the official publication of the European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases vol. 25,9 (2019): 1064–1070. doi:10.1016/j.cmi.2019.02.028

4. Rigaill, J et al. Community-Acquired Staphylococcus argenteus Sequence Type 2250 Bone and Joint Infection, France, 2017. Emerging infectious diseases vol. 24,10 (2018): 1958–1961. doi:10.3201/eid2410.180727

5. Shittu, AO et al. First Report of a Methicillin-Resistant, High-Level Mupirocin-Resistant Staphylococcus argenteus. Frontiers in cellular and infection microbiology vol. 12 860163. 15 Mar. 2022, doi:10.3389/fcimb.2022.860

6. Eshaghi, AR et al. Phenotypic and Genomic Profiling of Staphylococcus argenteus in Canada and the United States and Recommendations for Clinical Result Reporting. Journal of clinical microbiology vol. 59,6 e02470–20. 19 May. 2021, doi:10.1128/JCM.02470–20

7. Chantratita, N et al. Comparison of community-onset Staphylococcus argenteus and Staphylococcus aureus sepsis in Thailand: a prospective multicentre observational study. Clinical microbiology and infection: the official publication of the European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases vol. 22,5 (2016): 458.e11–9. doi:10.1016/j.cmi.2016.01.008

Zurück