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Akute Nierenschädigung

Die akute Nierenschädigung (Acute Kidney Injury = AKI) ist als eine akute Verschlechterung der Nierenfunktion in einem Zeitfenster von sieben Tagen definiert.

DR. MED. ANTJE HOHMANN DA SILVA

Anhand der diagnostischen Parameter Serumkreatinin und Urinausscheidung wird die AKI gemäß der aktuellen internationalen Leitlinie der KDIGO (Kidney Disease: Improving Global Outcomes) in drei Schweregrade eingeteilt (siehe Tabelle 1).

Trotz einiger Limitationen (weder das Serumkreatinin noch die Urinausscheidung entsprechen der glomerulären Filtrationsrate [GFR], dem sinnvollsten Korrelat der Nierenfunktion) haben sich diese funktionellen Biomarker als Diagnosekriterien durchgesetzt. Im klinischen Alltag fehlt außerdem nicht selten das ‚Baseline-Serumkreatinin‘, welches eine Voraussetzung zur Diagnosestellung und Evaluierung des Schweregrads der AKI ist. Die Verschlechterung der Nierenfunktion wird außerdem oft recht spät erfasst, da die Kreatininkonzentration ausgehend vom Normalwert im Serum erst ansteigt, wenn die Nierenfunktion bereits um 50 % abgenommen hat.

Im ambulanten Bereich ist die AKI mit einer Inzidenz von 1,4 % relativ selten. Im stationären Bereich entwickeln hingegen bis zu 20 % der Patienten eine AKI, wobei die Letalität bei einem nosokomialen akuten Nierenversagen etwa 30 % beträgt. Dabei sind vor allem Patienten mit Sepsis betroffen. Sie führt außerdem zu einem erhöhten Risiko für eine chronische Nierenerkrankung (CKD = Chronic Kidney Disease) inklusive Dialysepflichtigkeit und kann die Entstehung von kardio- und zerebrovaskulären Komplikationen begünstigen.

Zu den typischen Risikofaktoren der AKI zählen wiederum eine vorbestehende chronische Nierenerkrankung, Alter über 65 Jahre, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus und kardiovaskuläre Vorerkrankungen wie Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit und periphere arterielle Verschlusskrankheit.

Viele unterschiedliche Ursachen können zu einer AKI führen. Entsprechend ihrer Pathogenese erfolgt eine Einteilung in drei Kategorien (prärenal, intrarenal und postrenal). Typische Ursachen für eine prärenale AKI sind z. B. Volumenmangel, kardiales Pumpversagen und Schock. Die intrarenale AKI wird bspw. durch eine akute Glomerulonephritis oder eine akute interstitielle Nephritis ausgelöst. Zu einer postrenalen AKI kommt es z. B. beim Harnstau. Dabei führen unterschiedliche Schädigungsmechanismen zu einer akuten Nierenschädigung (siehe Tabelle 2).

Diagnostik der AKI

Bei ansteigendem Serumkreatinin und verminderter Diurese ist eine gründliche Anamnese, insbesondere hinsichtlich der Medikamenteneinnahme und der akuten Ereignisse kurz vor Verschlechterung der Nierenfunktion, erforderlich. Bei der körperlichen Untersuchung stehen die Evaluation des Volumenhaushalts sowie die Bestimmung von Blutdruck und Herzfrequenz im Vordergrund. Bildgebende Verfahren der Niere sind essentiell, um die Nierenmorphologie zu beurteilen und einen möglichen Harnstau zu erkennen.

Weiterführende labordiagnostische Untersuchungen richten sich nach dem klinischen Kontext und sind ein unverzichtbarer Bestandteil in der Abklärung einer AKI. Hierzu zählen:

  • Blutbild mit Retikulozyten und ggf. Fragmentozyten
  • Albumin, CK, Cystatin C, Elektrolyte (Natrium, Kalium, Calcium, Phosphat, Magnesium), Harnstoff, LDH, Leberenzyme, Lipase
  • CRP, Haptoglobin, Ferritin
  • Serumeiweißelektrophorese, Immunfixation i. S., freie Leichtketten i. S.
  • ANA, Anti-ds-DNA, ENA, C3-, C4-Komplement, ANCA
  • ASL, Hepatitis B-, C- und HIV-Serologie
  • Hantavirus- und Leptospiren-Serologie
  • Urinstatus, ggf. Urinmikroskopie auf dysmorphe Erythrozyten/Akanthozyten
  • morgendlicher Spontanurin auf Albumin, IgG, α1-Mikroglobulin, Gesamt-Eiweiß und Kreatinin (sog. Markerproteine i. U.)
  • fraktionierte Natriumexkretion
  • Osmolalität i. S. und i. U.

Neuere Biomarker für die AKI im Urin, welche in den letzten Jahren entwickelt wurden (bspw. Dickkopf-3, KIM [kidney injury molecule]-1, IGFBP [insulin-like growth factor binding protein]-7, TIMP [tissue inhibitor of metalloproteinase]-2 oder NGAL [neutrophil gelatinase-associated lipocalin]) haben sich im klinischen Alltag noch nicht durchgesetzt, könnten in Zukunft jedoch eine frühere und bessere Diagnosestellung ermöglichen bzw. zur Beurteilung des Schweregrads eines renalen Schadens herangezogen werden.

Zusammenfassend ist die AKI eine der häufigsten Formen der Nierenschädigung. Sie ist mit schwerwiegenden Langzeitfolgen wie der chronischen Nierenerkrankung und einer erhöhten Mortalität assoziiert und bedarf daher einer raschen Abklärung und Therapie.

Tabelle 1: Schweregrade der AKI gemäß KDIGO-Leitlinie

Tabelle 2: Abbildung 2: Ursachen einer akuten Nierenschädigung (AKI)

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Literatur

  1. Aregger F, Enghard P. Akute Nierenschädigung. Nephrologe 2022; 17:59–69
  2. KDIGO Clinical Practice Guideline for Acute Kidney Injury. http://www.kidney-international.org, © 2012 KDIGO
  3. Brix S, Stahl R. Das akute Nierenversagen. Dtsch med Wochenschr 2017;142: 290–300
  4. Alscher MD, Erley C, Kuhlmann MK. Nosokomiales akutes Nierenversagen. Dtsch Arztebl 2019;116: 149–58
  5. Ostermann M et al. Recommendations on Acute Kidney Injury Biomarkers. Consensus Statement. JAMA Network Open 2020;3(10)

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