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Hinweis auf ein Overlap-Syndrom zwischen primär-biliärer Cholangitis (PBC) und Autoimmunhepatitis (AIH) Typ 2 bei einer 78-jährigen Patientin

Bei der Patientin waren seit Jahrzehnten erhöhte Gamma-GT- und Alkalische Phosphatase-Werte (GGT zuletzt bis 337 U/L, AP bis 210 U/L) sowie gelegentlich leicht erhöhte Transaminasen (< 70 U/l) bekannt. Die Hepatitis B- und Hepatitis C-Serologie war negativ.

BIRGIT HOLLENHORST

Die einmalig bestimmten Immunglobuline im Januar 2023 zeigten unauffällige Werte für IgG und IgA und ein nur leicht erhöhtes Immunglobulin IgM mit 236 mg/dl (Richtwert 40–230 mg/dl). Der ANA-Titer aus dem Jahr 2013 war hoch bis zu 1:1600 im Immunfluoreszenztest (IFT) mit einem centromeren Zellmuster (AC-3 nach ICAP, AK gegen Centromere sind gelegentlich bei einer PBC zu finden).

Der Immunoblot für autoimmune Lebererkrankungen (Antikörper der IgG-Klasse) zeigte bei der Patientin deutlich positive Autoantikörper (AAK) gegen die Antigene AMA-M2, Sp100 und gp210. Diese sind spezifische AAK für die PBC, gerichtet gegen mitochondriale und nukleäre Antigene. Zusätzlich zeigte der Immunoblot einen weiteren AAK gegen LC-1 (cytosolisches Leber-Antigen Typ 1), ein zytoplasmatisches Antigen, welches für die AIH Typ 2 hochspezifisch ist. Die antimitochondrialen Antikörper (AMA) im Immunfluoreszenztest (IFT) waren ebenfalls deutlich positiv mit 1:3200.

Der verwendete Immunoblot des Diagnostika-Herstellers Euroimmun ist mit neun Antigenen zur qualitativen Bestimmung von AAK beschichtet: AMA-M2 (PDH/ BPO), Sp100, PML, gp210, LKM-1 (Leber-Niere-Mikrosomen), LC-1, SLA/LP (lösliches Leber-Antigen/Leber-Pankreas-Antigen) und Ro-52 (häufiges Vorkommen bei SLA/LP-AAK-positiven AIH-Patienten). Hiermit werden die relevanten AAK für die autoimmunen Lebererkrankungen PBC und AIH und die Overlap-Syndrome zwischen den beiden Entitäten erfasst.

Die SLA/LP-AAK sind hochspezifisch für eine AIH Typ1, haben aber eine niedrige Prävalenz (weitere Untersuchungen bei der AIH Typ 1 sind ANA und ASMA). Zu ca. 10 % kommen die SLA/LP-AAK allein ohne den Nachweis von ANA oder ASMA bei der AIH Typ 1 vor. Die AIH Typ 2 ist durch den Nachweis von AAK gegen LKM-1 und LC-1 – entweder isoliert oder in Kombination – charakterisiert. Etwa 10 % der AIH-Patienten gehören zu dieser Gruppe, insbesondere Kinder. AAK gegen AMA-M2, Sp100, PML und gp210 weisen auf das Vorliegen einer PBC hin.

Primär-biliäre Cholangitis (PBC)

Die PBC ist eine chronische, cholestatische, destruierende Cholangitis, die vor allem Frauen zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr betrifft. Typische Beschwerden sind Müdigkeit, Juckreiz und eine Sicca-Symptomatik. AMA/ AMA-M2 positive Patienten entwickeln mit großer Wahrscheinlichkeit eine PBC. AMA treten bei weniger als 1 % gesunder Kontrollpersonen auf und fehlen bei nur weniger als 5 % der PBC-Patienten. Bei klinischem/histologischem PBC-Verdacht ohne AMA-Nachweis sollten weitere PBC-spezifische AAK untersucht werden. Bei einer PBC kann das Immunglobulin IgM erhöht sein. Ca. 20 % der PBC-Patienten zeigen ein Overlap-Syndrom zu anderen Autoimmunerkrankungen, am häufigsten sind dabei eine Thyreoiditis, CREST-Syndrom/Sklerodermie, Sjögren-Syndrom oder eine AIH zu finden.

Autoimmunhepatitis (AIH)

Die AIH kann im Kindes- und Erwachsenenalter auftreten und ist durch eine weibliche Dominanz (ca. 80 % der Patienten) und einen fluktuierenden Spontanverlauf charakterisiert. Häufig zeigt sich eine Hypergammaglobulinämie für das Immunglobulin IgG. Das klinische Erscheinungsbild reicht von einer asymptomatischen Erkrankung bis hin zu einer fulminanten Hepatitis. Bei effizient therapierten Patienten ist die Langzeit-Überlebensrate gut. Bei unbehandelten Patienten ist eine Leberzirrhose zu erwarten.

Bei Erstdiagnose einer AIH liegt bereits bei ca. einem Drittel der Patienten eine Leberzirrhose vor. Bei dem ersten Schub einer AIH können die relevanten AAK noch fehlen. Es gibt zudem einen geringen Anteil an AAK-negativen AIH-Patienten (ca. 2–10 % in Deutschland). Unter immunsuppressiver Therapie können bei Patienten in Remission die AAK negativ werden. Der zusätzliche Nachweis von antimitochondrialen Antikörpern ist immer verdächtig auf das Vorliegen eines Overlap-Syndroms zwischen AIH und PBC. Bei einem Overlap-Syndrom können IgG und IgM erhöht sein. Die AIH ist häufig assoziiert mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Thyreoiditis, rheumatoide Arthritis, Sjögren-Syndrom und SLE.

Die Sicherung einer AIH beruht auf einer Ausschlussdiagnostik und dem Zusammenführen von diagnostischen Charakteristika, da bis heute ein beweisender diagnostischer Test fehlt. 

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Literatur:

  1. Herold M, Conrad K, Sack U (Hrsgg.), Autoimmunerkrankungen – Ein Leitfaden für Hausärzte, Pabst Science Publishers 2013.
  2. Strassburg CP et al., S2k-Leitlinie Autoimmune Lebererkrankungen, AWMF-Reg. Nr. 021–27, Z Gastroenterol 2017; 55: 1135–1226.

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