Candida auris: Multiresistenz und steigende Fallzahlen in Europa
Im September 2018 haben wir bereits über den Hefepilz Candida auris berichtet, der die Gesundheitsbehörden weltweit in Alarmbereitschaft versetzt hat. Besorgniserregend sind die verminderte Empfindlichkeit gegen zahlreiche Antimykotika, die hohe Umweltresistenz und die leichte Übertragbarkeit von C. auris.
DR. MED. ANITA DURST-JANCZAK
Seit 2018 sind die Patientenzahlen und die Anzahl nosokomialer Ausbrüche international weiter gestiegen, sodass die WHO C. auris als „urgent threat“ in die höchste Priorisierungskategorie eingestuft hat. Seit 21.07.2023 besteht außerdem nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) eine Labormeldepflicht für den Nachweis von C. auris in Blutkulturen und anderen sterilen Materialien und eine Arztmeldepflicht nach § 6 IfSG für Ausbrüche. Auch im Labor 28 wurde C. auris bereits bei einer älteren, hospitalisierten Patientin als Kolonisationbefund nachgewiesen.
C. auris wurde erstmals in Japan 2009 bei einem Patienten mit einer Otomykose nachgewiesen (daher der Name „auris“ von dem lateinischen Wort für Ohr). Retrospektive Analysen datierten den Erstnachweis bereits in das Jahr 1996 in Südkorea.
In Deutschland wurden seitdem 43 C. auris-Fälle registriert (davon 16 therapiebedürftige Infektionen, 19 Kolonisationen, zum Rest der Fälle lagen keine klinischen Daten vor). Im Jahr 2021 wurde der erste Fall einer nosokomialen Übertragung in einem deutschen Krankenhaus beschrieben.(1)
C. auris kann (wie andere Candida spp.) als harmloser Kolonisationskeim des Oropharynx, des Kolons sowie der Haut (insbesondere Axilla und Anogenitalbereich) nachweisbar sein und gilt als weniger virulent als Candida albicans. Bei vulnerablen Gruppen (kritisch kranke Patienten mit Breitspektrum-Antibiotikatherapie, Immunsuppression, Nierenerkrankungen) sind invasive Candida auris-Infektionen (Katheter-assoziierte Infektionen, Blutstrominfektionen, abdominelle Infektionen etc.) allerdings durch die Multiresistenz schwerer therapierbar als andere Candida-Infektionen. Resistenzen gegen alle gängigen Antimykotika sind möglich.(1,2,3)
Die in Deutschland nachgewiesenen Isolate zeigten zu 80 % eine Resistenz gegen Fluconazol und nur vereinzelt Resistenzen gegen Echinokandine oder Amphotericin B. Therapie der Wahl ist momentan die Gabe eines Echinokandins.(1)
Die bislang erhobenen Daten beschreiben bei Infektionen mit C. auris weltweit eine Letalität von ca. 40–60 %. Zu dieser hohen Letalität trägt sicher bei, dass vornehmlich Patienten mit Vorerkrankungen betroffen sind. Zusätzlich sind durch die Multiresistenz die Therapieoptionen limitiert und einige Antimykotika sind in manchen Ländern aufgrund der hohen Kosten schwer erhältlich.(2,3)
Besonders besorgniserregend ist das Potenzial von C. auris, langanhaltende, schwer einzudämmende nosokomiale Ausbrüche zu verursachen. C. auris kann auf Oberflächen bis zu 14 Tage vermehrungsfähig bleiben und in Gesundheitseinrichtungen ein langanhaltendes Umweltreservoir auf Oberflächen bilden, was die Eindämmung von Krankenhausausbrüchen sehr erschwert.
Die steigende Anzahl von Krankenhausausbrüchen in Europa macht deutlich, dass bei jeglichem Nachweis von C. auris strenge krankenhaushygienische Maßnahmen ergriffen werden müssen und wir auch in Deutschland vermehrt mit C. auris-Nachweisen rechnen müssen.(2,3)
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Literatur:
- Aldejohann AM, Martin R, Hecht J, Haller S, Rickerts V, Walther G, Eckmanns T, Kurzai O: Rise in Candida auris cases and first nosocomial transmissions in Germany. Dtsch Arztebl Int 2023; 120. DOI: 10.3238/arztebl.m2023.0047
- Geremia N, Brugnaro P, Solinas M, Scarparo C, Panese S. Candida auris as an Emergent Public Health Problem: A Current Update on European Outbreaks and Cases. Healthcare (Basel). 2023 Feb 2;11(3):425. doi: 10.3390/healthcare11030425. PMID: 36767000; PMCID: PMC9914380.
- UK Health Security Agency: Candida auris: a review of recent literature. Published 14 June 2023: www.gov.uk