Interdisziplinär und interprofessionell sind die Kennzeichen der Arbeit im Labor 28
In den vergangenen Ausgaben unseres Labormagazins hat sich der Leitartikel immer wieder mit der Bedeutung der ärztlichen Gesamtverantwortung in der Medizin befasst. Die ‚ärztliche Indikationsstellung‘ stellt dabei den Kern der freiberuflichen Arbeit einer Ärztin bzw. eines Arztes dar. Zugleich ist die Medizin heute gekennzeichnet von interdisziplinärer Zusammenarbeit verschiedener fachärztlicher Disziplinen, denn die Medizin ist heutzutage komplexer und hinsichtlich der Entwicklung neuer Diagnose- sowie Therapieverfahren auch so dynamisch, dass kaum eine einzelne Person all das überblicken kann.
DR. MED. MICHAEL MÜLLER
Das gilt generell für die Medizin und im Speziellen auch für die labordiagnostische Medizin, die längst über den Status des profanen ‚Messens‘ hinausgeht. Nicht nur durch die seit Mai 2022 geltende In-vitro-Diagnostika-Richtlinie der Europäischen Union (IVDR) rücken klinische Fragestellungen und damit klinisch messbare Leistungsdaten von medizinischen Laboruntersuchungen mehr in den Mittelpunkt. Dies hängt mit einer Reihe von Entwicklungen und Faktoren zusammen: So können medizinische Laboruntersuchungen in den Bereichen der Prävention, der Risiko- und Prognoseeinschätzung, der Diagnosefindung, der patientenindividuellen Therapiesteuerung und im Monitoring des Krankheitsverlaufes wirksam eingesetzt werden. Um die Zuverlässigkeit der Befundergebnisse zu prüfen, sind neben den rein analytischen Leistungsdaten wie Nachweisgrenze, Quantifizierbarkeit, Sensitivität, Spezifität sowie positiver und negativer prädiktiver Wert weitere Fragen mit Blick auf den klinischen Nutzen durch entsprechende Zulassungsstudien zu beantworten.
Mit den modernen medizinischen Labormethoden wie LCMS/MS (Kombination aus Flüssigchromatographie und Massenspektrometrie), NGS (Next-Generation Sequencing), Multiplex-PCR (Mehrparameter-PCR in einem Ansatz) sowie weiterentwickelten Immunoassays verschiedener Formate gelingt es, Biomarker unter verschiedensten Fragestellungen zu detektieren und qualitativ sowie quantitativ zu charakterisieren.
Die erfolgreiche Entwicklung und Einführung solcher Methoden in einem fachärztlichen Labor sind an verschiedene Rahmenbedingungen geknüpft: Zunächst stehen die formalen Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Frage der Erstattungsfähigkeit in der Versorgung von gesetzlich Versicherten und der nachfolgenden Beschlussfassung des Bewertungsausschusses über die Erstattungshöhe und gegebenenfalls zu erfüllende Qualitätssicherungsmaßnahmen an. Dabei sind die Expertinnen und Experten aus dem medizinischen Labor meist nur am Rande einbezogen. Die Bewertung der Leistungen orientiert sich sonst auch häufig an groben Einschätzungen und führt nicht selten dazu, dass sich die Gesetzlichen Krankenkassen in den Verhandlungen systembedingt durchsetzen können und Bewertungen unterhalb der Ist-Kosten erreichen. Die Einführung von Procalcitonin in den EBM ist hier ein prominentes Beispiel, obwohl der Nutzen in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung medizinisch-fachlich unbestritten ist.
In den fachärztlichen medizinischen Laboren bedarf es dann der vorhandenen Expertise und Fachkenntnis, eine neue Labormethode bzw. einen neuen Biomarker in das Leistungsspektrum des Labors mit aufzunehmen. Für die Bewältigung dieser Aufgabe sind mehrere Faktoren von besonderer Bedeutung: Es braucht zuallererst engagierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit guter Ausbildung, die sich dieser täglichen Arbeitsherausforderung stellen möchten. Wir sind sehr froh, dass wir hier auf einen aktuell knapp die Grenze von 350 Personen umfassenden Stamm an Kolleginnen und Kollegen aus etwa zwanzig verschiedenen Berufsgruppen zurückgreifen können, die von früh morgens bis teils sehr spät in den Abend hinein für die Patientenversorgung mit Labor arbeiten. Diese Interprofessionalität ermöglicht es uns, auf die dynamische Entwicklung der labordiagnostischen Medizin zu reagieren und die für eine bestmögliche Qualität der Patientenversorgung erforderlichen medizinischen Laboruntersuchungen frühzeitig einzuführen. Und sollte dies bei uns im Labor 28 nicht möglich sein, haben wir mit der Vielzahl an Partnerlaboren im Verbund der Sonic Healthcare Deutschland stets die Möglichkeit, über die Bearbeitung der Aufträge in einem der Labore die Versorgung sicherzustellen.