Varizellen-Totimpfstoff im Erwachsenenalter zur Verhinderung des Herpes zoster und der
Postherpetischen/Postzosterischen Neuralgie
Es ist davon auszugehen, dass die meisten der heute 50-jährigen oder älteren Personen in Deutschland in ihrer Kindheit die Windpocken durchgemacht haben. Mit zunehmendem Lebensalter und nachlassender Immunität gegenüber dem verursachenden Varizella-Zoster-Virus (VZV) steigt das Risiko für die Reaktivierung des Virus und die Ausbildung eines Herpes zoster (HZ), gekennzeichnet durch Bläschenbildung und eine oft schmerzhafte Neuritis entlang sensibler Nervenbahnen.
DR. MED. JOHANNES FRIESEN
Zum HZ kann es auch nach Impfung gegen Windpocken (Lebendimpfstoff) kommen, wenngleich viel seltener als nach natürlicher Infektion. Bei erwachsenen Patienten sind der HZ und die bei 12–20 % der erwachsenen Patienten resultierende postherpetische/postzosterische Neuralgie (PHN) häufige und ernstzunehmende Krankheitsbilder. So wird geschätzt, dass jährlich 0,6 % der Bevölkerung an einem HZ erkranken. Immunsupprimierte sind wahrscheinlich doppelt so häufig betroffen. Insbesondere die PHN kann für die Patienten sehr quälend sein.
Eine schwerwiegende seltene Komplikation sind die Zoster-Meningitis und die Zoster-Enzephalitis. Auch kann es zu HZ-Rezidiven kommen. Eine frühzeitige antivirale Therapie, möglichst innerhalb der ersten 48 Stunden nach Sichtbarwerden der Hauteffloreszenzen, kann die PHN verhindern oder abmildern.
Seit mehr als einem Jahrzehnt sind in Deutschland Impfstoffe für die Impfung gegen HZ erhältlich. Zuerst wurde ein Lebendimpfstoff entwickelt, der einen höheren Gehalt an Lebendviren als der Windpocken-Impfstoff enthält. Der HZ-Lebendimpfstoff gehört laut Ständiger Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) seit 2017 nicht mehr zu den Standardimpfungen, da der HZ damit nicht wirksam verhindert werden kann. 2018 wurde ein Totimpfstoff zugelassen (Shingrix®), der seit Dezember desselben Jahres von der STIKO empfohlen wird.
Gesunde Personen ab 60 Jahren sollen zwei Impfstoffdosen des adjuvantierten HZ-Subunit (HZ-su)-Totimpfstoffs im Abstand von mindestens zwei bis maximal sechs Monaten erhalten. Die Gabe des Impfstoffs soll intramuskulär in den Deltamuskel erfolgen. Patienten mit Grunderkrankungen, wie z. B. Diabetes mellitus, angeborener oder erworbener Immundefizienz, Niereninsuffizienz, chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen oder Asthma bronchiale u. a., sollen bereits ab einem Alter von 50 Jahren zwei Impfstoffdosen im Abstand wie bei der Standardimpfserie erhalten. Patienten, die einen HZ durchgemacht haben, sollen nach Abklingen der Krankheitssymptome auch gegen HZ geimpft werden.
Die Wirksamkeit des Impfstoffs hinsichtlich Verhinderung eines HZ und der PHN liegt bei Personen ab 50 Jahren bei 92 % bzw. 82 %. Die Notwendigkeit einer Auffrischimpfung kann derzeit noch nicht sicher beurteilt werden. Vor Impfung mit dem HZ-Totimpfstoff soll laut STIKO der Varizellen-IgG-Serostatus nur vor immunsuppressiver Therapie und vor Organtransplantation bestimmt werden. Seronegativen Patienten wird ggf. zunächst der Varizellen-Lebendimpfstoff empfohlen. Seropositive Patienten sollten den HZ-su-Impfstoff erhalten.
Der HZ-su-Totimpfstoff ist sehr reaktogen. Das Nebenwirkungsprofil unterscheidet sich nicht von anderen zugelassenen Impfstoffen. Sehr häufige Impfnebenwirkungen sind schmerzhafte Reaktionen an der Einstichstelle, Fieber und Abgeschlagenheit.
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Literatur
- RKI-Ratgeber für Ärzte. www.rki.de
- Faktenblatt zur Herpes zoster Impfung.
www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Materialien/Faktenblaetter/Zoster.html - Epidemiologisches Bulletin 36/2017
- Epidemiologisches Bulletin 50/2018
- Epidemiologisches Bulletin 04/2023
- Gürtelrose (Herpes zoster):
Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Erkrankung und Impfung. www.rki.de