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Alkoholkonsum: Welche Laborparameter sind zum Nachweis geeignet?

Nach der S3-Leitlinie ‚Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen‘ konsumieren ca. 18 % der Erwachsenen in Deutschland Alkohol in riskanten Mengen d. h. es werden die Richtwerte für eine maximal tolerierbare Alkoholzufuhr (risikoarmer Alkoholkonsum) von 12 g Reinalkohol/Tag für gesunde Frauen und 24 g Reinalkohol/Tag für gesunde Männer (WHO-Vorgaben) überschritten.

BIRGIT HOLLENHORST

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Nach der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) liegen diese Richtwerte mit 10 g/Tag für gesunde Frauen und 20 g/Tag für gesunde Männer sogar niedriger; sie gelten nicht für Kinder, Jugendliche, ältere Menschen (> 65 Jahre), Schwangere, bei Einnahme von bestimmten Medikamenten, wie z. B. Psychopharmaka, und bei Vorliegen von bestimmten Erkrankungen. Gesunde Erwachsene sollen dabei mindestens zwei alkoholfreie Tage proWoche einhalten.

Es gibt keine Alkoholmenge, die bei regelmäßigem Konsum als unbedenklich gilt. Mögliche gesundheitliche Risiken sind intraindividuell verschieden und hängen auch von der genetischen Prädisposition und zusätzlichen Risikofaktoren ab, wie z. B. Rauchen und Übergewicht. Durchschnittliche Mengen in Gramm Reinalkohol in typischen Getränken sind: in 1 l Bier ca. 40 g Alkohol, in 0,75 l Rotwein ca. 78 g Alkohol, in 0,75 l Weißwein oder Sekt ca. 65 g Alkohol und in 0,1 l Spirituosen ca. 12 bis 32 g Alkohol.

Durch akuten oder chronischen Alkoholkonsum können eine Vielzahl von organmedizinischen, psychischen und sozialen Schäden für die Person selbst und für Andere entstehen. Alkohol ist als ursächlich für viele Folgeerkrankungen, Unfälle und Verletzungen zu nennen. Nur ein geringer Prozentsatz der Menschen mit riskantem Alkoholkonsum wird dabei in den Praxen gescreent und ist so einer Früherkennung und möglichen Intervention zugängig. Die S3-Leitlinie nennt auch Behandlungsempfehlungen für Kinder, Jugendliche, Menschen höheren Alters, Schwangere und für Menschen mit komorbiden psychischen/physischen Erkrankungen.

Die Laborparameter Ethanol (Ethylalkohol), Ethylglucuronid (EtG), Ethylsulfat (EtS) und Phosphatidylethanol (PEth) sind direkte Marker nach Alkoholkonsum. Carbohydrat-Defizientes Transferrin (CDT), Gamma-GT und MCV der Erythrozyten sind indirekte Marker und können Organschäden bei hohem und chronischem Alkoholkonsum anzeigen. Ethanol und die durch seine Metabolisierung im Körper entstandenen Stoffwechselprodukte EtG, EtS und PEth sind Kurzzeitmarker nach Alkoholkonsum. Sie sind bereits nach weniger als 60 Minuten im Blut nachweisbar. PEth ist aufgrund seiner langen Nachweisbarkeit von mehreren Wochen nach Beendigung des chronischen Alkoholkonsums für den Abstinenzbeleg geeignet.

Die Ethanol-Konzentration im Serum spiegelt den aktuellen Alkoholisierungsgrad wider. Die Nachweisbarkeit im Blut ist in Abhängigkeit von der Alkoholisierung auf Stunden begrenzt (häufig < 12 Stunden). Für die Venenpunktion muss ein alkoholfreies Desinfektionsmittel an der Entnahmestelle verwendet werden. Die Nachweisbarkeit von Ethanol im Urin ist einige Stunden länger als im Blut, erlaubt aber keinen Rückschluss auf das Ausmaß der Alkoholisierung.

EtG im Serum ist je nach Alkoholdosis bis zu 36 Stunden nach Konsum nachweisbar, EtG und EtS im Urin sind 1 bis 5 Tage nach Alkoholkonsum nachweisbar. Falsch positive EtG-Befunde können z. B. nach Aufnahme geringfügig alkoholhaltiger Lebensmittel (bspw. Sauerkraut, Obstsäfte, Tiramisu), nach Nutzung von alkoholhaltigen Mundspülungen/Desinfektionsmitteln und nach Trinken größerer Mengen von alkoholfreiem Bier (> 2 Liter) auftreten.

Hier wird empfohlen, den Urin 24 Stunden nach einer nicht beabsichtigten Alkoholaufnahme zu untersuchen, da nach 24 Stunden keine EtG- oder EtS-Werte oberhalb des Cut-off-Werts zu erwarten sind. EtG im Urin ist neben dem Nachweis von kürzlichem Alkoholkonsum zum Abstinenz-Monitoring geeignet.

PEth im EDTA-Vollblut hat eine deutlich längere Halbwertszeit als EtG und EtS und kumuliert bei häufigem Alkoholkonsum im Blut. Seine Bestimmung hat sich zum Nachweis von chronischem Alkoholkonsum bzw. zur Abstinenzkontrolle bewährt. Eine Unterscheidung zwischen geringem, moderatem und exzessiv-chronischem Alkoholkonsum ist mit diesem Laborparameter möglich. Nach Beginn der Abstinenz bei Alkoholabhängigen kann PEth mehrere Wochen nachweisbar bleiben, je nach den Trinkmengen vor dem Entzug. Eine einzige Alkoholaufnahme kann zwischen 3 und 12 Tagen nachweisbar sein, wobei man bei Nachweis davon ausgeht, dass eine Alkoholisierung von mehr als 0,5 Promille erreicht wurde.

Als kritischer Alkoholkonsum für einen Anstieg von CDT im Serum gilt eine Mindestaufnahme von 60 bis 80 g Alkohol/Tag an wenigstens 7 bis 14 aufeinanderfolgenden Tagen. Etwa zwei bis fünf Wochen nach Beendigung des Alkoholkonsums normalisieren sich die CDT-Werte (Abstinenzkontrolle). Personen mit einem moderaten Alkoholkonsum (< 40 g Alkohol/Tag) oder einem episodischen Trinkmuster können CDT-Werte im Normbereich haben. Ein CDT-Wert im Normbereich schließt einen Alkoholabusus nicht sicher aus. Indikationen für die CDT-Bestimmung sind der Verdacht auf einen chronischen und hohen Alkoholkonsum sowie die Abstinenz- und Therapiekontrolle bei Alkoholabhängigen.

Die höchste Sensitivität für hohen chronischen Alkoholkonsum erreicht eine Kombination von indirekten Markern, zum Beispiel CDT und Gamma-GT. Sie sollten nicht als Einzelwerte bestimmt werden.

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Literatur

  1. S3-Leitlinie: Screening, Diagnostik und Behandlung alkoholbezogener Störungen. Version 3.1, Stand 01.01.2021. AWMF-Register Nr. 076-001
  2. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Alkoholkonsum bei Patientinnen und Patienten ansprechen. Ärztliches Manual, 2021

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