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HbA1c in der Labordiagnostik

Die Bestimmung des HbA1c gehört zur Routinediagnostik in der Diagnose, Überwachung und Therapie von Patienten mit Diabetes mellitus (DM). Laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) ist die Prävalenz des DM Typ 2 in Deutschland mit 8,5 Millionen bereits diagnostizierten Patienten in 2021 und zusätzlich geschätzten 2 Millionen Patienten als Dunkelziffer zuletzt gestiegen und wird weiter steigen. Die Häufigkeit der Testung des HbA1c wird daher ebenfalls weiter zunehmen.

FRITHJOF HERRLINGER

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In der Labormedizin sind unterschiedliche Methoden zur Bestimmung des Parameters etabliert, die jeweils ihre spezifischen Vor- und Nachteile haben. Außerdem unterliegt der HbA1c-Spiegel bei ‚ansonsten gesunden‘ Patienten einigen Einflüssen, die man für die sinnvolle Bestimmung und Bewertung dieses Parameters kennen sollte.

HbA0, bestehend aus zwei α-Untereinheiten und zwei β-Untereinheiten, und HbA2, bestehend aus zwei α-Untereinheiten und zwei δ-Untereinheiten, stellen beim Erwachsenen die Gesamtmenge des Hämoglobins dar. Die noch vorhandene Fraktion von fetalem Hämoglobin HbF aus zwei α-Untereinheiten und zwei γ-Untereinheiten ist beim gesunden Erwachsenen mit weniger als 0,5 % vom Gesamthämoglobin in der Regel vernachlässigbar.

Der HbA1c gibt den prozentualen Anteil des Hämoglobins beim Menschen an, der am N-terminalen Ende der β-Untereinheit zusätzlich einen Glukoserest aufweist. Man spricht dann von einem glykierten Hämoglobin. Im Gegensatz zur enzymatischen Glykosylierung sind bei dem chemischen Prozess der Glykierung keine Enzyme involviert. Die Glykierung hängt dabei direkt von der Höhe des durchschnittlichen Blutzuckerwertes und der Lebenszeit des Hämoglobins bzw. der Erythrozyten ab. Die gesamte Fraktion des glykierten Hämoglobins wird als HbA1 bezeichnet.

Die Bestimmung des HbA1c ist auf unterschiedliche Arten möglich.(1)

Stofftrennung mittels Ladungsdifferenzen

  • HPLC (Ionenaustauschchromatographie)
  • Kapillarelektrophorese

Biochemische Wechselwirkungen

  • Affinitätschromatographie

Chemischer Nachweis

  • Immunologisch durch Antikörperbindung
  • Enzymatisch

Das Messverfahren im Labor 28 beruht auf einem turbidimetrischen, immunologischen Inhibierungsassay (TINIA) für hämolysiertes EDTA-Vollblut. Unter Zugabe einer definierten Menge spezifischer Antikörper findet am N-terminalen Ende der glykierten β-Kette eine feste Bindung statt. Im Anschluss wird die Menge freier Antikörper über Bindung an Polyhaptene turbidimetrisch (durchdringende Lichtintensität) bestimmt und somit die Menge an HbA1c berechnet.

Der Vorteil dieser Methode ist, dass insbesondere häufige Hämoglobin-Strukturvarianten (HbS, HbC, HbE, HbF) durch die spezifische Bindung des Antikörpers keinen direkten Einfluss auf die Messung haben.

Auch die Urämie hat keinen Einfluss auf die immunologische Messung. Während zum Beispiel in der HPLC falsch hohe Werte gemessen werden können, wenn ein Reaktionsprodukt aus Harnstoff an das N-terminale Ende der β-Untereinheit des Hämoglobins bindet, weist der spezifische Antikörper diese Verbindung nicht nach.(2)

Zustände, welche die Lebenszeit der Erythrozyten (etwa 120 Tage) beeinflussen oder den Anteil des HbA0 an der Menge des gesamten Hämoglobins verändern, haben mittelbar Einfluss auf den HbA1c. Wie oben beschrieben, sind die stärksten Einflüsse auf die Bildung des HbA1c die Lebensdauer der Erythrozyten, sowie der durchschnittliche Glukosespiegel im Plasma.

Bei einer verkürzten Lebenszeit der Erythrozyten (z. B. Strukturanomalien, Sphärozytose, AIHA) oder erhöhtem Umsatz (Splenomegalie, Blutung) wird der HbA1c-Wert falsch tief gemessen. Eine verlängerte Lebenszeit der Erythrozyten (z. B. verminderter Umsatz bei hohem Alter oder chronischer Anämie) führt zu falsch hohen Werten.(3) Außerdem führt eine erfolgte Transfusion in den letzten Monaten in der Regel zur Messung zu niedriger HbA1c-Werte durch Verdünnung mit nicht glykiertem Hämoglobin.

In der Schwangerschaft ändert sich der HbA1c-Wert physiologisch mit zunehmendem Gestationsalter. Während im zweiten Trimenon der Wert bei gesunden Schwangeren abnimmt, ist er im dritten Trimenon erhöht.(4) Diese Schwankungen betragen laut Studien weniger als 1 %, sollten aber bei Begleitung einer diabeteskranken Schwangeren berücksichtigt werden. Für die Diagnosestellung des Gestationsdiabetes ist der HbA1c nicht geeignet.

Die deutschen Leitlinien für „Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter“ sowie die Leitlinien für „Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Alter“ orientieren sich an den WHO-Kriterien mit ≥ 6,5 % für den HbA1c als Diagnosekriterium für den Diabetes mellitus.(5)

Entsprechend den Vorgaben der „American Diabetes Association“ geben wir im Labor 28 bei Werten von 5,7 % bis 6,4 % auf dem Laborbefund zusätzlich den Hinweis auf „ein erhöhtes Risiko für Diabetes mellitus“ an. Ein normaler Wert schließt natürlich die Diagnose des Diabetes mellitus nicht aus.

Die größten Vorteile der HbA1c-Bestimmung sind die Unabhängigkeit von Tageszeit und Nahrungsaufnahme vor der Blutabnahme.

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Literatur

  1. Weykamp C. HbA1c: A review of analytical and clinical aspects. Ann Lab Med. 2013 Nov;33(6):393-400
  2. Flückiger R, Harmon W, Meier W, Loo S, Gabbay KH. Hemoglobin carbamylation in uremia. N Engl J Med. 1981 Apr 2;304(14):823-7
  3. Nitin S. HbA1c and factors other than diabetes mellitus affecting it. Singapore Med J. 2010 Aug;51(8):616-22
  4. Phelps RL, Honig GR, Green D, Metzger BE, Frederiksen MC, Freinkel N. Biphasic changes in hemoglobin A1c concentrations during normal human pregnancy. Am J Obstet Gynecol. 1983 Nov 15;147(6):651-3
  5. Use of Glycated Haemoglobin (HbA1c) in the Diagnosis of Diabetes Mellitus: Abbreviated Report of a WHO Consultation. Geneva: World Health Organization; 2011

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