Empfehlung zur Standardimpfung von Säuglingen und Kleinkindern gegen Meningokokken der Serogruppe B
Anfang des Jahres 2024 erweiterte die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (RKI) die bestehende MenB-Indikationsimpfung um eine Empfehlung zur MenB-Standardimpfung für Säuglinge und Kleinkinder im Alter von unter fünf Jahren.
DR. MED. THOMAS FREUND
Auf Basis des Kapselpolysaccharids von Neisseria meningitidis (Meningokokken) werden zwölf Serogruppen unterschieden. Meningokokken der Serogruppe B (MenB) haben in Deutschland einen Anteil von > 60 % aller invasiven Erkrankungen durch bekapselte Meningokokken (Meldedaten gemäß Infektionsschutzgesetz; Zeitraum 2015–2019). Neben der Serogruppe B machen die Serogruppen C (16 %), Y (13 %) und W (9 %) einen geringeren Anteil aller invasiven Erkrankungen durch Meningokokken aus. In der Rückschau der letzten zwanzig Jahre sind die invasiven Meningokokken-Erkrankungen insgesamt deutlich zurückgegangen.
Die invasive MenB-Erkrankung ist eine seltene Erkrankung mit einer Inzidenz von 3,5/100.000 bei Säuglingen bzw. 1,0/100.000 bei Kleinkindern (2015–2019). Mit zunehmendem Alter nehmen die Inzidenzen deutlich ab. Ein weiterer Erkrankungsgipfel findet sich bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 14–19 Jahren mit etwa 0,5 Fällen pro 100.000. Aufgrund der in vielen Fällen schweren Verläufe der Erkrankung liegt die Letalität bei ca. 8 %.
Neben septischen Verläufen mit ggf. sekundärer Meningitis präsentiert sich die Erkrankung auch in Form einer isolierten Meningitis. Eine Myokarditis, Perikarditis oder eitrige Arthritis treten seltener auf. Nach isolierter Meningitis kommt es in bis zu 10 % der Fälle zu Komplikationen mit Hirnnervenlähmungen, Hemiplegie, Krampfanfällen oder Hydrozephalus. Komplikationen nach septischen Verlaufsformen können von begrenzten Nekrosen bis zur ausgedehnten Gangrän der Akren reichen, die eine Amputation der betroffenen Körperteile erforderlich macht.
Die Impfung soll aufgrund der höheren Inzidenz bei Säuglingen und Kleinkindern zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchgeführt werden (2+1-Impfserie) und kann als Koadministration in Kombination mit dem 6-fach-Impfstoff (DTaP-IPV-Hib-HepB) und der Pneumokokken-Konjugat-Impfung erfolgen. Nachholimpfungen sollten bis zum fünften Geburtstag verabreicht werden. Zur Prophylaxe von Impfnebenwirkungen wie Fieber oder Schmerzen wird bei Kleinkindern unter zwei Jahren eine gewichtsadaptierte Paracetamol-Gabe empfohlen. Diese sollte über 24 Stunden fortgeführt werden.
Im Gegensatz zu den Kapselpolysaccharidimpfstoffen der Serogruppen A, C, W und Y ist das Kapselpolysaccharid von MenB aufgrund struktureller Ähnlichkeit zu einem neuronalen Zelladhäsionsmolekül und einer damit einhergehenden immunologischen Toleranz nicht immunogen.
Der Impfstoff 4CMenB (Bexsero) basiert auf oberflächlichen Membranproteinen, welche in verschiedenen Varianten in den MenB-Stämmen vorkommen. Aufgrund der verschiedenen Varianten ist die Stammabdeckung des MenB-Impfstoffs eingeschränkt. Für Deutschland wird von einem geringen Anteil (< 20 %) nicht erfasster MenB-Stämme ausgegangen. Dadurch kann auch bei geimpften Kindern eine invasive MenB-Erkrankung auftreten. Die Impfung schützt nicht vor einer asymptomatischen Besiedlung des Nasen-Rachenraumes.
---
Literatur
- Epid Bull 2024;3:3-32 | DOI 10.25646/11900.2
- Epid Bull 2024;4:1- 72 | DOI 10.25646/11892.3
- hygiene.uni-wuerzburg.de/meningococcus/berichte/berichte-meningokokken/daten-2022/ (23.04.2024; 14:56 Uhr)
- rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Meningokokken.html
- rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Meningokokken/faq_ges.html