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Aktualisierung der S2k-Leitlinie: Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft (HES) – Labordiagnostik

Im Juli dieses Jahres wurde die überarbeitete S2k-Leitlinie „Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft: Diagnostik und Therapie“ (1) veröffentlicht. Dabei wurden vor allem die Aspekte der Prävention, des Managements der Blutdruckmessung samt Richtwerten, die Indikationsstellung zur Entbindung sowie die Langzeitfolgen für die betroffenen Schwangeren in den Fokus gerückt.

DR. MED. ANJA-BRITTA SUNDERMANN

Bluthochdruck-Erkrankungen in der Schwangerschaft mit Werten ≥ 140/80 mmHg entwickeln 6 bis 8 % der Schwangeren. Sie zählen damit zu den häufigsten mütterlichen Todesursachen mit einem Beitrag zur perinatalen Mortalität von 20 bis 25 %. An Präeklampsie, einer schweren Verlaufsform ab der 20. SSW mit Neuauftreten mindestens einer Organmanifestation an Plazenta (mit möglicher fetaler Wachstumsretardierung), Niere, ZNS, Leber, hämatologischem System oder Lunge sterben jährlich weltweit mehr als 50 000 Frauen und 500 000 Babys.

Die Früherkennung eines erhöhten Risikos erlaubt eine adaptierte Überwachung sowie prophylaktische Maßnahmen, daher sollte gemäß dieser Leitlinien eine Information der Schwangeren im ersten Trimenon erfolgen. Risikofaktoren zur Abschätzung sind u. a. höheres Alter, höherer BMI, ethnische Zugehörigkeit (kaukasisch < afrikanisch < asiatisch), Präeklampsie in der Eigen- oder Familienanamnese, assistierte Reproduktion, Mehrlingsschwangerschaft, Diabetes mellitus, Rauchen, systemischer Lupus erythematodes oder Anti-Phospholipid-Syndrom.

Tabelle 1. Typische Laborveränderungen bei HES

Auch gemäß der im Januar 2024 veröffentlichten S2e-Leitlinie „Ersttrimester Diagnostik und Therapie @ 11–13+6 Schwangerschaftswochen“3 soll jeder Schwangeren ein Ersttrimester-Screening auf Präeklampsie angeboten werden. Sofern ein Screening im ersten Trimenon stattfindet, sollte dies im Rahmen des Algorithmus der FMF erfolgen, basierend auf den Parametern PAPP-A und PlGF. Bei im Algorithmus erhöhtem Risiko werden diese auffallend niedrig gemessen. Das Screening ist hierbei keine Leistung des EBM, erst die Diagnostik bei klinischem V. a. Präeklampsie mit der Berechnung des sFlt-1/PlGF-Quotienten (siehe Tabelle 2) wird ab der SSW 24+0 bis zu dreimal pro Schwangerschaft von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

sFlt-1/PlGF-Quotient

In der zweiten Schwangerschaftshälfte kann bei Vorliegen einer Risikokonstellation z. B. der Quotient aus sFlt-1 und PlGF bestimmt werden, um eine Präeklampsie auszuschließen oder die Entwicklung einer solchen zu erkennen. Die Leitlinie bezieht sich auf die PROGNOSIS-Studie2, hier wurde eine Risikokonstellation angenommen bei Vorliegen einer neu aufgetretenen oder Exazerbation einer bestehenden Hypertonie, neu aufgetretener Proteinurie, Oberbauchschmerzen, Ödemen (Gesicht, Hände, Füße), Kopfschmerz, Sehstörungen, Gewichtszunahme > 1 kg/Woche im 3. Trimenon, erniedrigter Thrombozytenzahl, erhöhten Leberwerten, V. a. fetale Wachstumsretardierung oder Auffälligkeiten in der Dopplersonographie der Aa. uterinae im 2. Trimenon.

Einbezogen in die PROGNOSIS-Studie wurden Schwangere mit Verdacht auf Präeklampsie (SSW 24+0 bis 36+6). Für den Ausschluss der Entwicklung einer Präeklampsie innerhalb einer Woche wurde ein Cut-off des sFlt-1/PlGF-Quotienten von ≤ 38 validiert (Sensitivität 80,0 %, Spezifität 78,3 %, negativer prädiktiver Wert 99,3 %). Die im Labor 28 verwendete Analytik hat entsprechende Grenzwerte (siehe Tabelle 2) für den Einschluss (Rule-in) oder Ausschluss (Rule-out) einer Präeklampsie.(3)

Tabelle 2. Grenzwerte der Präklampsie-Analytik im Labor 28

Im Monitoring, insbesondere einer früh einsetzenden Präeklampsie mittels serieller Bestimmungen und Berechnung des sFlt-1/PlGF-Quotienten im Verlauf der Schwangerschaft, deuten ansteigende Werte laut Leitlinie auf Krankheitsprogression hin. Zu Grenzwerten gibt es jedoch keine Festlegungen. In jedem Fall soll die Indikation zur Entbindung nicht allein aufgrund auffälliger angiogener Marker entschieden werden. Bei dünner Datenlage scheinen die Werte der angiogenen Marker bei Geminigraviditäten mit denen bei Einlingsschwangerschaften vergleichbar zu sein.

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Literatur

  1. S2k-Leitline Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-018
  2. S2e-Leitlinie Ersttrimester Diagnostik und Therapie @ 11–13 + 6 Schwangerschaftswochen. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/085-002
  3. Poon LC, Magee LA, Verlohren S et al. A literature review and best practice advice for second and third trimester risk stratification, monitoring, and management of preeclampsia: Compiled by the Pregnancy and Non-Communicable Diseases Committee of FIGO (the International Federation of Gynecology and Obstetrics). Int J Gynaecol Obstet 2021; 154 Suppl 1: 3-31. DOI: 10.1002/ijgo.13763

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